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Ansparrücklage vor Betriebseröffnung

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Eine Ansparrücklage kann außerhalb des Anwendungsbereichs des § 7g Abs. 7 EStG n.F. vor Vollendung der Betriebseröffnung bei herzustellenden Wirtschaftsgütern nur gebildet werden, wenn für die Herstellung des Wirtschaftsgutes eine Genehmigung verbindlich beantragt oder –falls eine Genehmigung nicht erforderlich ist– mit der Herstellung begonnen worden ist.

Die Aufteilung des Gewinns des Normalwirtschaftsjahres bei Land- und Forstwirten auf die Kalenderjahre, in denen das Wirtschaftsjahr beginnt und endet, kann es nicht rechtfertigen, eine Ansparrücklage zur Hälfte bereits im ersten Kalenderjahr zu berücksichtigen, wenn die Betriebseröffnung in die erste Hälfte des zweiten Kalenderjahres fällt.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 19. April 2007 – IV R 28/05


Die mittelbare Grundstücksschenkung und die §6b-Rücklage

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Gemäß §6b EStG dürfen im Rahmen der Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter – unter weiteren Voraussetzungen – Rücklagen gebildet werden.

Auch im Rahmen des § 6b EStG gelten, wie der Bundesfinanzhof jetzt entschieden hat, die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur mittelbaren Grundstücksschenkung. Eine § 6b-Rücklage kann daher nicht auf ein im Wege der mittelbaren Grundstücksschenkung erworbenes Grundstück übertragen werden.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 23. April 2009 – IV R 9/06

Übertragung stiller Reserven auf landwirtschaftliches Anlagevermögen

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Steuerpflichtige können – vereinfacht gesagt – bei der Veräußerung von Immobilien die bei der Veräußerung eigentlich aufzudeckenden stillen Reserven auf eine andere Immobilie übertragen, die sie im gleichen Jahr anschaffen, § 6b EStG.

Die Übertragung einer solchermaßen gemäß § 6b EStG gebildeten Rücklage ist nach einem akutellen Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts auch auf land- und forstwirtschaftliches Anlagevermögen möglich.

Nach § 6b Abs. 1, 3 EStG können Steuerpflichtige, die wie der Kläger ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, unter weiteren hier nicht streitigen Voraussetzungen bei der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden im Wirtschaftsjahr der Veräußerung grundsätzlich eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage bilden und bis zur Höhe dieser Rücklage einen Betrag von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgütern abziehen.

Nach § 6b Abs. 4 S. 2 EStG ist der Abzug einer nach § 6b Abs. 1, 3 EStG gebildeten Rücklage bei Wirtschaftgütern, die zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören oder der selbständigen Arbeit dienen, aber nicht zulässig, wenn der Gewinn bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern eines Gewerbebetriebes entstanden ist. Zwar spricht der eindeutige Gesetzeswortlaut für die Auffassung des Beklagten, dass eine Übertragung der Rücklage auf den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers nicht in Betracht kommt.

Das Niedersächsische Finanzgericht teilt aber unter Berücksichtigung des in der Begründung des Gesetzesentwurfs zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willens die Auffassung der Kläger, dass im Streitfall die Vorschrift abweichend von ihrem Wortlaut unter Beachtung des mit ihr verfolgten Zwecks im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend zu interpretieren ist, dass eine Übertragung der im Gewerbebetrieb entstandenen stillen Reserven auf zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Wirtschaftgütern zulässig ist, wenn der Veräußerungsgewinn nicht der Gewerbesteuer unterliegt.

Unter Einbeziehung der Begründung zu § 6b Abs. 4 S. 2 EStG im Entwurf des Steueränderungsgesetz 1964 ist das Finanzgericht der Auffassung, dass der Regelungsinhalt des § 6b Abs. 4 S. 2 EStG über den nach seinem Wortlaut erkennbaren Gesetzeszweck hinausgeht. In der Begründung wird ausschließlich auf die gewerbesteuerlichen Auswirkungen der Übertragung von stillen Reserven abgestellt, ohne dass dies in der Regelung selbst zum Ausdruck kommt, so dass eine den Wortlaut ein-schränkende Auslegung geboten erscheint.

In der Gesetzesbegründung zu § 6 b Abs. 4 Satz I 1 Ziff. 3 und Satz 2 EStG wird zunächst dargelegt, dass die Neutralisierung von Gewinnen, die bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern einer inländischen Betriebsstätte entstehen, sich nicht nur auf die Einkommensteuer, sondern auch auf die Gewerbesteuer auswirke, weil ohne die Regelung des § 6b EStG auch Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag ausgelöst werde. Weil die Übertragung dieser stillen Reserven auf Wirtschaftsgüter einer Betriebsstätte, deren Gewinne nicht von der Gewerbesteuer erfasst seien, zur Folge habe, dass sich auch die stillen Reserven nicht mehr auf die Gewerbesteuer auswirkten, werde deshalb durch Absatz 4 Satz 1 Ziff. 3 bestimmt, dass aufgedeckte stille Reserven nicht auf Anlagegüter einer Betriebsstätte im Ausland übertragen werden könnten. Im anschließenden Satz wird weiter ausgeführt, dass „aus den gleichen Erwägungen in Absatz 4 Satz 2 bestimmt (wird), dass stille Reserven, die bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern eines Gewerbebetriebes aufgedeckt worden sind, nicht auf Wirtschaftsgüter übertragen werden können, die zu einem Betrieb einer anderen Einkunftsart gehören. Dagegen ist die Übertragung stiller Reserven, die bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs oder eines Betriebs im Rahmen der Einkunftsart „selbständige Arbeit“ aufgedeckt worden sind, auf Wirtschaftsgüter anderer Betriebe im Rahmen dieser Einkunftsarten oder auf Wirtschaftsgüter eines Gewerbebetriebs ebenso zulässig wie die Übertragung der bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern eines Gewerbebetriebs aufgedeckten stillen Reserven auf Wirtschaftsgüter eines anderen Gewerbebetriebs des Steuerpflichtigen“. Dieser Begründung entnimmt das Nds. Finanzgericht in Übereinstimmung mit der überwiegenden Auffassung im Schrifttum, dass die Regelung nur verhindern soll, dass ein gewerblicher Veräußerungsgewinn endgültig der Gewerbesteuer entzogen wird. Ein anderer Zweck lässt sich dieser Regelung nicht entnehmen.

Da der bei der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebes im Ganzen erzielte Gewinn nicht dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen ist und damit auch nicht der Gewerbesteuer unterliegt, kann die Gewerbesteuer durch die Übertragung stiller Reserven auf Ersatzwirtschaftsgüter gemäß § 6 b EStG auch nicht verloren gehen. Aus diesem Grund legt das Finanzgericht die Vorschrift abweichend von ihrem Wortlaut dahin aus, dass Gewinne, die aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebes resultieren und nicht der Gewerbesteuer unterliegen, von dem Übertragungsverbot nach § 6b Abs. 4 S. 2 EStG nicht erfasst werden.

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 3. Juni 2009 – 4 K 12096/05

Ersatzbeschaffung für die abgebrannte Scheune

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Die Gewinn erhöhende Auflösung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung (R 35 EStR) ist nach sechs Jahren rechtmäßig, wenn das zerstörte Wirtschaftsgut – eine abgebrannte landwirtschaftlich genutzte Scheune – erst neun Jahre und elf Monate nach seiner Zerstörung wieder neu errichtet worden ist. Dass die Versicherungsbedingungen der Gebäudeversicherung eine Kostenübernahme bis zu zehn Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls vorsahen, ist unbeachtlich.

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 16.12.2008 – 15 K 40/07

Herstellung einer Ausschüttungsbelastung nach § 27 KStG a.F.

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Eine Gewinnausschüttung kann nur insoweit „für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr“ i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1999 erfolgen, als sich aus dem Jahresabschluss für das betreffende Wirtschaftsjahr ein verteilungsfähiger Gewinn ergibt. Daran fehlt es, soweit in dem Jahresabschluss eine Rücklage für eigene Anteile gebildet worden ist, die nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften in jenem Wirtschaftsjahr nicht aufgelöst werden durfte.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 29. April 2009 – I R 44/08

Rücklage für Ersatzbeschaffung beim Squeeze-out

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Für den Veräußerungsgewinn aus der Übertragung von Aktien nach §§ 327a ff. AktG (sog. Squeeze-out) kann keine Rücklage für Ersatzbeschaffung gebildet werden. Die Vorgänge eines Squeeze-out ermöglichen nicht die Bildung von Rücklagen für Ersatzbeschaffung.

Nach den von der ständigen Rechtsprechung entwickelten und von der Finanzverwaltung in R 35 EStR 2001 übernommenen Grundsätzen zur Rücklag für Ersatzbeschaffung kann eine Gewinnrealisierung durch Aufdeckung stiller Reserven ausnahmsweise dann vermieden werden, wenn ein Wirtschaftsgut aufgrund höherer Gewalt oder infolge bzw. zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs gegen eine Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und alsbald ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut angeschafft wird. Diese Spruch- und Verwaltungspraxis beruht auf dem aus Billigkeitserwägungen entwickelten Grundgedanken, dass die für die ausgeschiedenen Wirtschaftsgüter erlangten Beträge ungeschmälert einer Ersatzbeschaffung zur Verfügung stehen sollen, was nicht möglich wäre, wenn sie zum Teil „weggesteuert“ würden. Zweck der Anerkennung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung ist dabei nicht allein die als unbillig empfundene Besteuerung eines Gewinns, der durch die zwangsweise Aufdeckung stiller Reserven entsteht; vielmehr soll dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden, die erlangte Entschädigung zur Wiederbeschaffung des Ersatzwirtschaftsguts zu verwenden.

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall lagen die Voraussetzungen zur Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung nach diesen Grundsätzen nicht vor. Denn weder steht eine Gewinnaufdeckung aufgrund höherer Gewalt noch ein behördlicher oder hoheitlicher Eingriff in Rede. Darüber wird zwischen den Beteiligten nicht gestritten und darauf ist nicht weiter einzugehen. Die Klägerin ist allerdings der Auffassung, das sog. Squeeze-out nach Maßgabe der §§ 327a bis 327f AktG habe entsprechende Zwangswirkungen. Auch in einem solchen Fall seien die Aktienbeteiligungen ohne oder gegen den Willen des Steuerpflichtigen aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden. Diese Zwangswirkungen geböten zur Wahrung der „Einheit der Rechtsordnung“, so –in seiner Anmerkung zu dem hier angefochtenen Urteil– Luttermann, auf den sich die Klägerin beruft, eine steuerliche Gleichbehandlung. Dem folgt der Bundesfinanzhof nicht.

Das ergibt sich bereits aus methodischer Sicht: Die Rechtsgrundlagen der Rücklage für Ersatzbeschaffung sind nicht gänzlich eindeutig. Allgemein wird davon ausgegangen, die entsprechende Billigkeitspraxis der Finanzverwaltung wurzele in „Richterrecht bzw. auf Gewohnheitsrecht“. Sollten die RfE-Grundsätze in ihrem Kernbereich jedoch tatsächlich in Gewohnheitsrecht erstarkt sein, dann wäre es jedenfalls allein Sache des Gesetzgebers, ihre tatbestandlichen Voraussetzungen über jenen Kernbereich hinaus auszudehnen. Es ist weder Sache der Finanzverwaltung noch der Gerichte, entsprechende parallele Anwendungsbereiche dieses gesetzlich nicht geregelten Ausnahmeinstituts zu eröffnen. Vor diesem Hintergrund bliebe von vornherein kein Raum, die im Streitfall zu beurteilende Situation einzubeziehen.

Aber auch wenn man die Finanzrechtsprechung als ermächtigt ansähe, den Anwendungsbereich für die Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung „durch Restriktion des Gewinnrealisierungstatbestands im Wege der Rechtsfortbildung“ zu erweitern – so womöglich der X. Senat des Bundesfinanzhofs -, ergäbe sich nichts anderes. Auch dann entspricht es vielmehr dem Ausnahmecharakter und der Zwecksetzung der RfE, deren Anwendungsbereich nicht auf jedwede, insbesondere auch privatrechtlich bedingte Zwangssituationen auszuweiten. Dementsprechend hat denn auch der X. Senat des Bundesfinanzhofs einen behördlichen Eingriff bei der Kündigung eines Mietvertrags durch eine Behörde oder bei Ausübung eines Wiederkaufrechts durch eine Gemeinde verneint. Dem Prinzip, dass aufgedeckte stille Reserven im Aufdeckungszeitpunkt zu besteuern sind, ist Rechnung zu tragen; Ausnahmen dazu jenseits des gesetzten Rechts sind auf das unbedingt Nötige zu verengen. Für die RfE bedeutet das, dass eine solche im Kernbereich nur nach Maßgabe der entsprechenden, (möglicherweise) gewohnheitsrechtlich verfestigten Verwaltungsübung und deren Voraussetzungen gebildet werden kann. Für eine Ausweitung darüber hinaus oder eine Analogie besteht kein Anlass, auch nicht für das Squeeze-out:

Ein solches Squeeze-out hat zwar die Wirkung einer sog. Call option; es verpflichtet den Minderheitsgesellschafter (aus allgemeinen ordnungspolitischen Gründen), seine Anteile gegen eine Barabfindung dem Mehrheitsgesellschafter zu überlassen. Auch dass das Squeeze-out damit tief in die bürgerlich-rechtliche Vertragsfreiheit (und damit die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG) –konkret die Abschlussfreiheit– eingreift und für den betroffenen Minderheitsanteilseigner eine zwangsgleiche Wirkung hat, steht außer Frage. Es steht ebenso außer Frage, dass der Rechtsrahmen für diesen Eingriff in die Vertragsfreiheit durch ordnungsgesetzliche Regulierungsvorschriften gesetzt (und begrenzt) wird. Dennoch basieren diese Wirkungen weder in ihrer konkreten, einzelfallbezogenen Umsetzung noch allgemein auf einem Hoheitseingriff oder sind sie mit einem Hoheitseingriff vergleichbar oder diesem gleichzusetzen: Zum einen gründet das sog. Squeeze-out im Zivilrecht und auf entsprechenden Gesellschafterbeschlüssen. Dass dem eine amtliche Registereintragung als konstitutiver hoheitlicher Akt nachfolgen muss (vgl. § 327e AktG), macht den zugrundeliegenden Vorgang –entgegen der Annahme der Revision– nicht zu einem im Kern hoheitlichen. Zum anderen verwirklicht der ordnungsgesetzliche Rechtsrahmen keinen hoheitlich gesetzten Enteignungstatbestand nach Maßgabe des Art. 14 Abs. 1 GG.

Unabhängig davon sind Begrenzungen und Beschränkungen der Vertragsfreiheit dem Zivilrecht auch andernorts nicht fremd. Solche erwachsen allgemein aus Ordnungsrechten, etwa aus dem Anti-Diskriminierungsgesetz, aus dem Verbraucherschutzrecht, aus wettbewerbs- und vergaberechtlichen Kontrahierungszwängen. Sie sind auch und gerade im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht nicht unüblich; für die in Rede stehende Situation der aktienrechtlichen Kapitalbeteiligung mag dazu der Hinweis auf das „Tableau der Ausschlusstatbestände im Aktienrecht“ genügen, das Fleischer gibt. Diese Ausschlusstatbestände, aber gerade auch das Squeeze-out, betonen den Kapitalanlagecharakter der (eher fungiblen) Minderheitsbeteiligung in Abgrenzung zu dem korporationsrechtlichen Verbandscharakter der Mehrheitsbeteiligung, der in der Regel ein eher eigenunternehmerisches Engagement zugrunde liegt. Die Kapitalanlage des Minderheitsaktionärs ist dadurch einem gewissen Zugriffsrecht des Hauptaktionärs ausgesetzt, das dieser einseitig ausüben kann und das dem Minderheitsrecht gleichsam aus der Natur der Sache und unbeschadet einer nachfolgenden Rechtsentwicklung –hier mit Wirkung vom 1. Januar 2002 durch die Schaffung der Squeeze-out-Regeln in §§ 327a bis 327f AktG– zu eigen ist. Der Erwerber einer entsprechenden Kapitalbeteiligung muss stets gewärtigen, einem solchen der Beteiligung anhaftenden Zugriffsrecht des Hauptaktionärs ausgesetzt zu sein. Der freie Willensakt, sich dem zu unterwerfen, ist also bereits im zeitlichen Vorfeld in der Entscheidung festzumachen, die Aktien zu kaufen oder sie –wie im Streitfall– kraft Umwandlung zu übernehmen. So gesehen gibt die spätere tatsächliche Ausübung jenes Zugriffrechts durch die Mehrheitsaktionäre nach Maßgabe der §§ 327a ff. AktG aber keinen Anlass, die damit verbundene Realisation der stillen Reserven der betroffenen Kapitalanteile einer steuerrechtlichen Sonderbehandlung zu unterwerfen. Die Realisationswirkungen bei Ausübung der Squeeze-out-Rechte bleiben vielmehr ungeschmälert erhalten.

Der Streitfall bietet schließlich keine Veranlassung, zu einer Auffassung der nordrhein-westfälischen Finanzverwaltung Stellung zu nehmen, wonach aufgrund eines internen Erlasses bei Entschädigungen der Kommunen für den Verlust von Mehrstimmrechten verwaltungsseitig eine Rücklage für Ersatzbeschaffung eingeräumt werde. Dem ist nicht weiter nachzugehen. Denn auch wenn es sich tatsächlich so verhielte, läge darin allenfalls ein zusätzlicher Billigkeitserweis für bestimmte Sonderfälle. Über einen derartigen Billigkeitserweis (vgl. §§ 163, 227 AO) wäre im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. Oktober 2010 – I R 79/09

Ausübung des Wahlrechts zur Rücklagenbildung bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung

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Die Bildung einer Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG ist ein sog. Bilanzierungswahlrecht, welches bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG durch entsprechenden Ansatz oder die Auflösung einer Rücklage in der Steuerbilanz, bzw. bei der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen in der jeweiligen Sonderbilanz ausgeübt wird.

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 25. Januar 2006. Auch in dieser Entscheidung geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass das Wahlrecht bei der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen in der jeweiligen Sonderbilanz ausgeübt wird. Lediglich mit Blick auf die Besonderheiten des dort zu beurteilenden Sachverhaltes hat der Bundesfinanzhof die ordnungsgemäße Ausübung des Wahlrechts durch Erfassung der Rücklage in der Sonderbilanz verneint. Denn die Sonderbilanz, in der die Rücklage gebildet wurde, war ohne Wissen des betroffenen Mitunternehmers nach dessen Ausscheiden aus der Mitunternehmerschaft von der Gesellschaft aufgestellt worden.

Wird der Gewinn durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, gilt auf Grund der in § 6c EStG angeordneten entsprechenden Anwendung des § 6b EStG nichts anderes. Das Wahlrecht zur Bildung einer Rücklage wird ebenfalls im Rahmen der Gewinnermittlung, nämlich durch den Ansatz einer Betriebsausgabe in der Einnahmen-Überschussrechnung, ausgeübt.

Für die ordnungsgemäße Ausübung des Wahlrechts kommt es nach dem Gesetzeswortlaut nicht darauf an, ob die Gewinnermittlung zusammen mit der Einkommensteuererklärung oder der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung eingereicht worden ist. Ausschlaggebend ist allein, dass die von dem Steuerpflichtigen eingereichte Gewinnermittlung Grundlage für die Festsetzung der Steuer bzw. für die Feststellung der Gewinneinkünfte geworden ist.

Ein nach § 6c i.V.m. § 6b EStG wirksam ausgeübtes Wahlrecht kann nicht mehr – auch nicht bis zu dem Eintritt der formellen Bestandskraft – konkludent rückgängig gemacht werden kann mit der Folge, dass eine Auflösung der ursprünglich gebildeten Rücklage (in einem Folgejahr) entfällt.

Das Wahlrecht auf Gewinnübertragung nach § 6b Abs. 3 i.V.m. § 6c EStG kann, wovon das Finanzgericht ersichtlich auch ausgegangen ist und anders als das Finanzamt meint, bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, in der der Veräußerungsgewinn zu erfassen ist, ausgeübt werden. Das Wahlrecht besteht allerdings nicht nur insoweit, als der Steuerpflichtige eine zunächst nicht gebildete Rücklage bis zum Zeitpunkt der formellen Bestandskraft des vorgenannten Bescheides nachholen kann, sondern auch für den umgekehrten Fall, dass der Steuerpflichtige die zunächst gebildete Rücklage bis zur formellen Bestandskraft des Bescheides wieder rückgängig machen kann. Eine weiter gehende Begrenzung des Wahlrechts, wie sie sich für einen bilanzierenden Steuerpflichtigen durch die auf den Umfang einer Bilanzberichtigung eingeschränkte Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ergibt, gibt es für den Steuerpflichtigen, der den Gewinn, wie auch hier, durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, nicht.

Die Änderung des Wahlrechts setzt allerdings voraus, dass der Steuerpflichtige sein zunächst ausgeübtes Ansatzwahlrecht rückgängig macht. Hat der Steuerpflichtige sein Wahlrecht durch den Abzug einer Betriebsausgabe in Höhe der Rücklage in der Einnahmen-Überschussrechnung ausgeübt, setzt die erneute und andere Ausübung dieses Wahlrechts als actus contrarius notwendigerweise die Einreichung einer geänderten Einnahmen-Überschussrechnung voraus, in der nunmehr kein Betriebsausgabenabzug erfolgt. Eine konkludente Rückgängigmachung des Wahlrechts in dem von der Klägerin verstandenen Sinne alleine durch eine konkludente Erklärung gegenüber dem Finanzamt kommt mithin nicht in Betracht.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 11. Juni 2014 – IV B 46/13

Die nicht marktüblichen Anleiheverzinsung – und die Kapitalrücklage

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Nach dem gemäß § 8 Abs. 1 KStG 1996 sowie § 7 GewStG 1991 auch für die Aktiengesellschaft zu beachtenden § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG 1996 ist der von ihr im Wirtschaftsjahr erzielte Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Das jeweilige Betriebsvermögen richtet sich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 1996 nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Diese ergeben sich vornehmlich aus den für alle Kaufleute geltenden Vorschriften der §§ 238 ff. HGB. Für Kapitalgesellschaften sind zusätzlich die einschlägigen „Ergänzenden Vorschriften für Kapitalgesellschaften“ der §§ 264 ff. HGB heranzuziehen. Darunter fallen, soweit ihnen materielle Bedeutung zukommt, auch die Vorschriften über die Gliederung der Bilanz (§§ 266 ff. HGB) und der Gewinn- und Verlustrechnung (§§ 275 ff. HGB). Unter das bei Kapitalgesellschaften auszuweisende Eigenkapital fallen gemäß § 266 Abs. 3 A.II. HGB auch Kapitalrücklagen. Hierzu gehört nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB der Betrag, der von der Gesellschaft bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird.

Mit Urteilen vom 30.11.2005 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass bei der Ausgabe von Optionsanleihen vereinnahmte Aufgelder nicht nur nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB als Kapitalrücklagen auszuweisen, sondern auch steuerrechtlich als Einlage anzusetzen sind. Unter den erzielten Betrag i.S. von § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB fielen alle Entgelte im Zusammenhang mit der Begebung von Wandlungs- und Optionsrechten, damit nicht nur offene, sondern -entsprechend der Gesetzesbegründung zu § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB i.d.F. des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz)- auch verdeckte Aufgelder in Form einer unter dem Kapitalmarktzins liegenden Verzinsung. Auch ein solches bei der Ausgabe der Optionsanleihe verdeckt erzieltes Entgelt sei, entsprechend dem Wortlaut des § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB, im Fall der späteren Nichtausübung der Option nicht aufzulösen, sondern weiterhin als Kapitalrücklage auszuweisen. Wenngleich die Steuerbilanz gemäß § 5 Abs. 6 EStG 1996 (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1996) nicht über den Maßgeblichkeitsgrundsatz an den handelsrechtlichen Einlagebegriff gebunden sei, führe das Aufgeld auch steuerrechtlich zu einer Einlage. Die Kapitalgesellschaft erziele das Aufgeld, das ihr entweder offen -d.h. zusätzlich zum Nennbetrag der Anleihe- gewährt wird oder durch Aufteilung des erzielten Ausgabeerlöses in ein Entgelt für die Schuldverschreibung einerseits sowie einen verdeckten Betrag für das Optionsrecht andererseits zu errechnen ist, nicht im Wege eines betrieblichen Austauschverhältnisses, da sie hierfür keine Leistung zu Lasten ihres eigenen Vermögens erbringe. Vielmehr sei der Erhalt des Aufgelds auch dann dem gesellschaftsrechtlichen Bereich zuzuordnen, wenn es von einem (Noch-)Nichtgesellschafter für die Erlangung der unentziehbaren Anwartschaft auf eine Gesellschafterstellung erbracht werde. Darüber hinaus sei das Aufgeld Gegenstand einer zumindest mittelbaren Einlage der Alt-Gesellschafter, da diese -bedingt durch ihr Gesellschaftsverhältnis- den Optionserwerbern ihre Aktienbezugsrechte zur Verfügung stellen und damit eine Verwässerung ihrer bisherigen Gesellschaftsrechte in Kauf nehmen. Bilanziell sei allerdings auch bei einem verdeckten Aufgeld zu beachten, dass die Schuldverschreibung nicht zu ihrem (niedrigeren) Verkehrswert, sondern mit ihrem Nominalbetrag (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB) passiviert werden müsse. Demgemäß könne das verdeckte Aufgeld (Unterschied zwischen Ausgabebetrag und Verkehrswert der Schuldverschreibung) gemäß § 250 Abs. 3 HGB in der Handelsbilanz als aktiver RAP ausgewiesen werden; aus diesem handelsrechtlichen Aktivierungswahlrecht ergebe sich nach den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 03.02.1969 ein Gebot, das (verdeckte) Entgelt für das Optionsrecht in der Steuerbilanz zu aktivieren.

Die vorstehenden Grundsätze, an denen festzuhalten ist, gelten nicht nur für Optionsanleihen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Rechte aus der Schuldverschreibung und das Aktienbezugsrecht kumulativ eingeräumt werden. Sie kommen vielmehr gleichermaßen für sog. Wandelanleihen zum Tragen, bei denen dem Gläubiger im Wege der Ersetzungsbefugnis das Recht eingeräumt wird, unter Aufgabe seines Forderungsrechts Aktionär zu werden.

Bestimmend hierfür sind der Wortlaut des § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB sowie die Gesetzesbegründung, nach der verdeckte Aufgelder gleichermaßen für die Hingabe von Wandlungsrechten und von Optionsrechten zum Erwerb von Aktien in die Kapitalrücklage einzustellen sind. Hinzu kommt, dass mit Rücksicht auf die Frage, ob die Bezugsberechtigten oder die Altgesellschafter nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen eine Einlage leisten, zwischen dem Inhaber eines Wandlungsrechts und eines Optionsrechts keine tragfähigen Unterschiede erkennbar sind, da beide Personengruppen über ein Aktienbezugsrecht verfügen und auch der Inhaber der Wandelanleihe hierfür keine Gegenleistung aus dem Vermögen der Emittentin erhält. Soweit die Gegenansicht auf den Fremdkapitalcharakter der Wandelanleihe und in diesem Zusammenhang auch auf das BFH, Urteil vom 21.02.1973 verweist, nach welchem die der Gesellschaft entstehenden Kosten der Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung nicht aus einem bei Ausgabe der Aktien erzielten Ausgabeaufgeld zu decken sind, weil im Hinblick auf die Begebung der Anleihe sowie dem späteren Aktienumtausch nicht von einem einheitlichen Vorgang gesprochen werden könne, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zum einen bestätigt das BFH, Urteil in BFHE 109, 22, BStBl II 1973, 460 im Hinblick auf die Leistung des Aktionärs ausdrücklich die Vorstellung eines einheitlichen -die Ausgabe der Schuldverschreibung sowie den Aktienerwerb umfassenden- Rechtsvorgangs in Übereinstimmung mit der Beurteilung des Reichsfinanzhofs. Zum anderen ist im Streitfall über das vom Anleihezeichner zu erbringende Aufgeld zu entscheiden. Überdies kann dem Fremdkapitalcharakter der Schuldverschreibung sowie der rechtlichen Bewertung des Zusammenhangs mit einem nachfolgenden Aktienerwerb kein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen werden, weil der Bundesfinanzhof die Einlage des Optionsberechtigten aufgrund seines Rechts zum Erwerb einer mitgliedschaftlichen Beteiligung bejaht hat. Demgemäß kann für den Inhaber eines Wandlungsrechts nichts anderes gelten, da auch ihm als (Noch-)Nichtgesellschafter das unentziehbare Anwartschaftsrecht auf Erlangung einer Aktionärsstellung zusteht.

Im handelsrechtlichen Schrifttum wird ganz überwiegend vertreten, dass dann, wenn das Umtauschrecht auf Aktienbezug während der Laufzeit der Wandelschuldverschreibung ausgeübt werden kann, für die Ermittlung des nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB in die Kapitalrücklage einzustellenden Vorteils der nicht marktüblichen Anleiheverzinsung (verdecktes Aufgeld) auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem das Optionsrecht erstmals ausgeübt werden kann („frühestmöglicher Zeitpunkt“) mit der Folge, dass bei Einräumung eines jederzeitigen Wandlungsrechts (American Call) eine Dotierung der Rücklage nicht in Betracht kommt. Der Bundesfinanzhof schließt sich dieser Beurteilung an.

Zwar steht es dem Ausweis der Kapitalrücklage nicht entgegen, dass das verdeckte Aufgeld mangels ausdrücklicher Vereinbarung zwischen Emittent und Anleihezeichner geschätzt werden muss. Hierbei ist jedoch im Hinblick auf das Schätzungsziel zu berücksichtigen, dass nach dem Wortlaut des § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB nicht jeder auf die Ausgabe der Schuldverschreibung zurückführbare Vorteil, sondern nur der „bei der Ausgabe“ für Wandlungs- oder Optionsrechte „erzielte Betrag“ der Kapitalrücklage zugewiesen werden kann. Maßgeblich ist danach der im Zeitpunkt der Emission tatsächlich erlangte und dem Emittenten „unentziehbar“ (so zutreffend die vorstehend zitierte überwiegend vertretene Meinung) gewährte Vorteil. Nur diese Auslegung entspricht dem Grundverständnis des Bundesfinanzhofs, nach dem das Aufgeld zum Erwerb einer Optionsanleihe bereits mit seiner „Erzielung“, nicht hingegen erst bei einer späteren positiven Ausübung der Option als Kapitalzuführung (Einlage) zu qualifizieren ist. In der Zwischenzeit besteht deshalb kein bis zur Verfügung über die Option erfolgsneutral zu überbrückender Schwebezustand, der im Falle der Nichtausübung zur Erfassung einer dem Betrieb der Kapitalgesellschaft zuzuordnenden Vermögensmehrung (betriebliche Einnahme) führen würde.

Dafür streitet eine Reihe von Argumenten: Gerade die Unterverzinslichkeit der Anleihe spricht für eine möglichst frühe Ausübung des Wandlungsrechts. Im Schrifttum wird des Weiteren zu Recht darauf hingewiesen, dass durch eine gewinnwirksame Ausbuchung des nach Optionsausübung verbleibenden Rest-Betrags das Ergebnis der Emittenten mit einem ungerechtfertigten -weil nur rechnerisch ermittelten, tatsächlich jedoch infolge des Wegfalls der Anleihe nicht angefallenen- Zinsaufwand belastet wird und dies mit dem Zweck der Vorschrift, die durch die (potentielle) Mitgliedschaft veranlasste Vermögensmehrung der Emittenten nicht als (Schein-)Gewinne zu erfassen, nicht vereinbar sei. Hiergegen lässt sich nicht einwenden, dass bei der Nichtausübung der Option eine Nachdotierung der Kapitalrücklage nicht in Betracht kommt. Der Einwand kann bereits deshalb nicht durchgreifen, weil der Gesetzgeber die Trennung von Kapitalzuführung und betrieblichem Ertrag nur im Rahmen der tatbestandlichen Grenzen des § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB verwirklicht hat. Hierzu gehört aber auch, dass er die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen als -gegenüber der tatsächlichen Optionsausübung (Aktienbezug)- selbständigen Akt der Verwertung von Mitgliedschaftsrechten qualifiziert und es deshalb in Kauf nimmt, dass der hierbei erzielte Betrag hinter dem tatsächlich erlangten Zinsvorteil zurückbleibt. Ob dies der (handelsrechtlichen) Korrektur bedarf, hat nicht der Bundesfinanzhof, sondern der Gesetzgeber zu entscheiden. Schließlich wird geltend gemacht, es sei zur Ermittlung des bei Ausgabe erzielten Vorteils auf die vereinbarte Laufzeit der Anleihe abzustellen, weil die vorzeitige Wandlungsmöglichkeit keinen Einfluss auf den Wert der Schuldkomponente (Anleihe) habe. Es ist aber nicht ersichtlich, weshalb der Wert einer unterverzinslichen Anleihe nicht durch den Umstand beeinflusst sein soll, dass der Gläubiger das Recht hat, dieses Schuldverhältnis durch Ausübung des Aktienoptionsrechts vorzeitig zu beenden. Der Gesichtspunkt kann letztlich dahinstehen, da es im Streitfall nicht um die Bestimmung des Werts der Schuldverschreibung, sondern um die Ermittlung des bei der Ausgabe für die Gewährung des Optionsrechts tatsächlich erzielten Betrags geht. Da der dieser Betrachtung zugrunde liegende (verdeckte) Zinsvorteil aber -wie die zuletzt genannten Autoren selbst ausführen- „im Zeitverlauf zunimmt“, ergibt sich hieraus zugleich, dass er bei der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung, d.h. im Zeitpunkt der Ausgabe, auch nur in dem Maße tatsächlich erzielt wird, in dem er auf den den Optionsinhaber bindenden Kapitalüberlassungszeitraum entfällt.

Diese handelsrechtliche Begrenzung der Eigenkapitalqualifikation eines verdeckten Aufgelds ist nicht nur im Hinblick auf die Rücklagenbildung nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB zu beachten. Sie gilt gleichermaßen für den steuerrechtlichen Einlagenausweis mit der Folge, dass auch der in der Steuerbilanz anzusetzende RAP -entgegen der Ansicht der Klägerin- nicht den nur rechnerischen Vorteil erfasst, der im Falle der Nichtausübung der Option auf den Zeitraum ab Beginn des Wandlungsrechts entfallen wäre.

Allerdings enthält das Steuerrecht nach ständiger Rechtsprechung in § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG 1996 (hier: i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1996 und § 7 Satz 1 GewStG 1991) eine eigene Definition der Einlage, die über den handelsrechtlichen Einlagebegriff hinausgeht und nach § 5 Abs. 6 EStG 1996 vorrangig zu befolgen ist. Eine steuerrechtliche Einlage kann daher auch dann vorliegen, wenn die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 272 Abs. 2 HGB nicht erfüllt sind. Im Streitfall ist eine solche über das Handelsrecht hinausgehende Beurteilung indes ausgeschlossen.

Kennzeichen der steuerrechtlichen Einlage in eine Kapitalgesellschaft ist, dass dieser ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster bilanzierungsfähiger Vermögensvorteil (Wirtschaftsgut) zugewendet wird. Nach ständiger Rechtsprechung sind jedoch Nutzungsvorteile (z.B. die zinslose Nutzung eines Darlehens) nicht einlagefähig. Gleiches gilt für ein ohne Gegenleistung erlangtes Nutzungsrecht; obgleich es sich hierbei um ein Wirtschaftsgut handelt, scheidet der Ansatz einer steuerrechtlichen Einlage aus, weil infolge seiner Abschreibung die tatsächlich gezogenen Nutzungen (hier: des Kapitals) der Besteuerung entzogen wären.

Hiervon ausgehend ist zwar auch das bei Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung verdeckt gewährte Aufgeld als Einlage zu qualifizieren, weil es nicht als Gegenleistung für eine Zuwendung der Emittentin an den Zeichner erbracht wird (kein „do ut des“) und auch das Ertragsteuerrecht die in § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB verankerte Vorstellung übernimmt, nach der in der Ausgabe des Optionsrechts ein eigenständiger Verwertungsakt der Mitgliedschaftsrechte zu sehen ist, der im Hinblick auf die spätere Optionsausübung keinen Schwebezustand auslöst. Spiegelbild dieser Beurteilung ist jedoch zugleich, dass der (verdeckte) Vorteil, soweit er nicht auf den Zeitraum der festen Kapitalbindung entfällt, nicht Gegenstand einer Einlage bei Ausgabe der Wandelanleihe sein kann. Zu berücksichtigen ist auch insoweit, dass das Aufgeld die Zinsersparnis der Kapitalgesellschaft widerspiegelt und dieser Vorteil, soweit er auf die nach Beginn des Optionszeitraums verbleibende Restlaufzeit der Anleihe entfällt, nur im Zeitverlauf vom Anleihezeichner geleistet und demnach auch von der Kapitalgesellschaft nur pro rata temporis verdient wird. Eine Einlage dieses -bei Ausgabe der Anleihe- unsicheren Rechts auf verbilligte Kapitalnutzung muss demnach unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs ausscheiden.

Anderes ergibt sich schließlich nicht daraus, dass die Anleihebegeberin in der Bilanz einen nach der Gesamtlaufzeit der Anleihe bestimmten Zinsvorteil aktiviert hat. Da es sich hierbei um einen fehlerhaften Bilanzansatz gehandelt hat, dessen gewinnneutrale Einbuchung keinen Einfluss auf den Gewinn der Gesellschaft hatte, ist er gleichfalls gewinnneutral auszubuchen. Der Ansatz einer vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1996) ist demnach mangels einer Minderung des bilanziellen Vermögens der Gesellschaft ausgeschlossen. Soweit das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug auch im Streitjahr im Hinblick auf die Auflösung des aktiven RAP – II darauf anerkannt hat, ist hierüber nicht zu entscheiden, da der Bundesfinanzhof daran gehindert ist, die angefochtenen Bescheide zum Nachteil der Klägerin zu ändern (sog. Verböserungsverbot).

Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. November 2014 – I R 53/13


Ermäßigter Steuersatz für den Betriebsaufgabegewinn – und die steuerfreie Rücklage

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Der ermäßigte Steuersatz für Betriebsaufgabegewinne (sog. Fünftelregelung) findet auch dann Anwendung findet, wenn für den Teil des Gewinns, der auf die Veräußerung eines Kapitalgesellschaftsanteils entfällt, eine steuerfreie Rücklage gebildet wird.

In dem hier vom Finanzgericht Münster entschiedenen Fall hatte der Gesellschafter einer GbR geklagt, ie ein Grundstück an eine GmbH verpachtet hatte, zu deren Gesellschaftern ebenfalls der Kläger gehörte. Nach den Grundsätzen der sog. Betriebsaufspaltung gehörten das Grundstück und die GmbH-Beteiligung zum (Sonder-) Betriebsvermögen. Im Streitjahr wurde die GbR aufgelöst und der Kläger veräußerte seine GmbH-Beteiligung. Für den Teil des hierdurch entstandenen Betriebsaufgabegewinns, der auf die GmbH-Beteiligung entfiel, bildete der Kläger eine gewinnmindernde Rücklage und beantragte für den verbleibenden Gewinn die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes, was das Finanzamt ablehnte.

Das Finanzgericht Münster gab der hiergegen erhobenen Klage statt: Die Rücklagenbildung stehe, so das Finanzgericht, der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf den verbleibenden Teil des Aufgabegewinns nicht entgegen, denn der anteilige Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung werde nach der einschlägigen gesetzlichen Regelung ohnehin nicht ermäßigt besteuert. Zu einer „Doppelbegünstigung“ durch Anwendung des ermäßigten Steuersatzes einerseits und Bildung einer steuerfreien Rücklage andererseits könne es deshalb nicht kommen.

Die Bildung einer Rücklage für Gewinne aus der Veräußerung einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung nach § 6b Abs. 10 EStG, wie sie im Streitfall erfolgt ist, steht der Anwendung der Steuerermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG auf den verbleibenden Teil des Veräußerungsgewinns nicht entgegen. § 34 Abs. 1 Satz 4 EStG ist im Wege einer teleologischen Reduktion dahingehend auszulegen, dass die Regelung die Anwendung der ermäßigten Besteuerung nicht ausschließt, wenn wie im Streitfall eine Rücklage nach § 6b Abs. 10 EStG für den Gewinn aus der Veräußerung einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung gebildet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG ist, wenn in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten sind, die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach der sog. Fünftelregelung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG zu berechnen. Nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 Satz 4 EStG gilt dies allerdings nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c EStG anwendet. Gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte u.a. in Betracht Veräußerungsgewinne im Sinne von § 16 EStG mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nr. 40 Buchst. b in Verbindung mit § 3c Abs. 2 EStG teilweise steuerbefreit sind, also dem Teileinkünfteverfahren unterliegen. Der Gewinn aus der Veräußerung des GmbH-Anteils des Klägers ist nach § 3 Nr. 40 Buchst. b in Verbindung mit § 3c Abs. 2 EStG zu 60 % steuerbefreit und damit von der Anwendung der Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG ausgeschlossen.

§ 34 Abs. 1 Satz 4 EStG schließt die Anwendung der Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 Satz 4 EStG auf den nach Anwendung des § 6b Abs. 10 EStG verbleibenden steuerpflichtigen Teil des auf den Kläger entfallenden Veräußerungsgewinns nicht aus. Dem steht nicht entgegen, dass sich dem Wortlaut des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht eindeutig entnehmen lässt, ob es sich bei Veräußerungsgewinnen, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, gar nicht erst um außerordentliche Einkünfte handelt, oder ob diese zwar außerordentliche Einkünfte darstellen, die aber nicht durch Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes zusätzlich begünstigt werden sollen. Auch aus den Gesetzesmaterialien zu § 34 Abs. 1 Satz 4 EStG ergibt sich nicht, ob der Gesetzgeber die Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 4 EStG auch bei der Bildung einer Rücklage nach § 6b Abs. 10 EStG ausschließen wollte. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, durch das § 34 Abs. 1 Satz 4 EStG in das Gesetz eingefügt wurde, sollte durch Satz 4 klargestellt werden, dass die Inanspruchnahme von Übertragungsmöglichkeiten nach den §§ 6b und 6c EStG nicht zum Ausschluss der ermäßigten Besteuerung für alle außerordentlichen Einkünfte, sondern nur für Veräußerungsgewinne im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG führt, für die diese Regelungen ganz oder teilweise angewendet wurden. Die Neuregelung diente also der Abgrenzung der Anwendungsbereiche des § 34 Abs. 2 Nr. 1 (Veräußerungsgewinne) von den übrigen außerordentlichen Einkünften gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 EStG. Aussagen zur Anwendung der ermäßigten Besteuerung bei Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG für den Gewinn aus der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung lassen sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen.

Unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks des § 6b Abs. 10 EStG ist § 34 Abs. 1 Satz 4 EStG einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Bildung einer Rücklage für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für den verbleibenden steuerpflichtigen Teil des Veräußerungsgewinns nicht ausschließt. Zweck des § 6b Abs. 10 EStG ist eine Angleichung der Rechtslage für Einzelunternehmer und Personengesellschaften an die für Kapitalgesellschaften geltende Steuerbefreiung für Veräußerungsgewinne gemäß § 8b Abs. 2 FinanzgerichttG. Insofern ist § 6b Abs. 10 EStG Teil der Regelungen zum Teileinkünfteverfahren. Veräußerungsgewinne, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, werden gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht ermäßigt besteuert. Die Vorschrift nimmt diese Gewinne von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 34 EStG aus. Daraus folgt, dass der Teil eines Betriebsveräußerungs- oder Aufgabegewinns, der auf die Veräußerung eines Kapitalgesellschaftsanteils entfällt, allein nach den Vorschriften des Teileinkünfteverfahrens begünstigt sein soll. Die Einstellung des steuerpflichtigen Teils des Gewinns aus der Veräußerung einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung in eine Rücklage nach § 6b Abs. 10 EStG kann deshalb einer Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 34 Abs. 1 EStG auf den verbleibenden voll steuerpflichtigen Teils des Veräußerungsgewinns nicht entgegen stehen.

Aus der Rechtsprechung des BFH ergibt sich nichts anderes. Nach Auffassung des BFH soll die Anwendung des § 34 EStG nur dann gerechtfertigt sein, wenn alle stillen Reserven in einem einheitlichen Vorgang aufgedeckt werden, was bei der Bildung der § 6b EStG-Rücklage nicht der Fall sei, weil durch die Rücklagenbildung stille Reserven der Besteuerung entzogen würden. Nach Auffassung des BFH sollen die Steuervorteile des § 34 Abs. 1 EStG und des § 6b EStG nicht nebeneinander gewährt werden. Wird ein Teil des Veräußerungsgewinns wie im Streitfall in eine Rücklage nach § 6b Abs. 10 EStG eingestellt, kommt es zwar gerade nicht zu einer zusammengeballten Auflösung aller stiller Reserven. Veräußerungsgewinne, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, werden aber gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG von vornherein nicht ermäßigt besteuert. Zu der vom BFH angesprochenen „Doppelbegünstigung“ des Gewinns durch Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG einerseits und Anwendung des ermäßigten Steuersatzes andererseits kann es nicht kommen. Die zitierte Entscheidung des BFH bezog sich im Übrigen auf den Fall der Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG nach Veräußerung von Grund und Boden und Gebäude. Für Gewinne aus der Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden schließt § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 34 Abs. 1 EStG nicht von vornherein aus.

Finanzgericht Münster, Urteil vom 23. September 2015 – 10 K 4079/14 F

Grundstücksveräußerung – und die rückwirkende Rücklagenbildung

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Der Steuerpflichtige kann die Rücklage nach § 6c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6b Abs. 3 EStG rückwirkend bilden, wenn sich der Veräußerungspreis in einem späteren Veranlagungszeitraum erhöht und dadurch erstmals ein Veräußerungsgewinn entsteht. Steuerpflichtige, die Grund und Boden veräußern, können nach § 6b Abs. 1 EStG und bei … 

EU-Betriebsstätte- und die Übertragung einer § 6b-Rücklage

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1. Die Übertragung einer § 6b-Rücklage setzt u.a. voraus, dass die angeschafften oder hergestellten Ersatzwirtschaftsgüter zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen gehören (§ 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG).

Es ist unionsrechtlich weder zu beanstanden, dass § 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des StÄndG 2015 die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Steuer nur stundet, noch bestehen gegen den Stundungszeitraum von fünf Jahren Bedenken.

Wurden nach § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG begünstigte Wirtschaftsgüter in einem Wirtschaftsjahr vor Inkrafttreten des StÄndG 2015 veräußert und die Steuererklärung vor dem 6.11.2015 bereits abgegeben, genügt ein Stundungsantrag “für” das betreffende Wirtschaftsjahr. Der Steuerpflichtige ist auf Antrag so zu stellen, als habe er Stundung rechtzeitig beantragt.

Gemäß § 6b Abs. 3 EStG können Steuerpflichtige, wenn sie bei Veräußerung in § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG aufgeführter Wirtschaftsgüter eine gewinnmindernde Rücklage gebildet haben, von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bestimmter in § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG genannter Wirtschaftsgüter, die in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt worden sind, einen Betrag bis zur Höhe der Rücklage abziehen. Im Gegenzug ist die Rücklage insoweit aufzulösen. Sind keine Reinvestitionsobjekte angeschafft oder hergestellt worden und ist die Rücklage am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs noch vorhanden, so ist sie nach § 6b Abs. 3 Satz 5 EStG in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen.

Wird ein Betrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen (§ 6 Abs. 3 EStG), tritt der Betriebsübernehmer in die Rechte und Pflichten des Betriebsübergebers ein. Eine vom Betriebsübergeber gebildete Rücklage ist deshalb vom Nachfolger zu übernehmen und entsprechend fortzuführen. Dies hat zur Folge, dass eine Übertragung der Rücklage auf Reinvestitionsobjekte oder eine gewinnerhöhende Auflösung der Rücklage ausschließlich beim Betriebsübernehmer zu erfassen ist.

Die Übertragung der Rücklage kommt nur dann in Betracht, wenn ein Reinvestitionsobjekt i.S. des § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG bis zum Ablauf der vierjährigen Reinvestitionsfrist angeschafft oder hergestellt wird (§ 6b Abs. 3 Satz 2 EStG). Voraussetzung ist ferner u.a., dass die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen gehören (§ 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG).

Das Finanzamt hat hiernach zu Recht den -hier allein streitigen- Betrag von 900 EUR zum 30.06.2010 erfolgswirksam erfasst.

Die Eltern des Klägers konnten gemäß § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG als dessen Rechtsvorgänger den Gewinn aus der Veräußerung des dem Anlagevermögen zugehörigen landwirtschaftlichen Grundstücks (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG) im Wirtschaftsjahr 2005/2006 in der Bilanz zum 30.06.2006 in eine § 6b-Rücklage einstellen, die der Kläger als Betriebsübernehmer fortführen musste. Der Reinvestitionszeitraum von vier Jahren endete mit Ablauf des 30.06.2010, ohne dass der Kläger hinsichtlich des Betrags von 900 € nach § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG begünstigte Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt hatte, die zu einer ihm zuzurechnenden Betriebsstätte im Inland gehörten. Das Grundstück in Ungarn, das ihm bei Anwendung des § 6b EStG grundsätzlich entsprechend seiner Beteiligungsquote anteilig zuzurechnen war, diente dem Betrieb der R-KG und war damit -was zwischen den Beteiligten nicht im Streit ist- keiner inländischen Betriebsstätte des Klägers zuzuordnen. Da weder § 6b EStG noch eine andere Vorschrift bei Reinvestitionen in eine Betriebsstätte des Steuerpflichtigen innerhalb der EU die Bildung eines passiven Ausgleichspostens vorsieht, war der Betrag von 900 € zum 30.06.2010 gewinnwirksam aufzulösen und zur Hälfte bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Streitjahr zu erfassen (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG).

An diesem Ergebnis hat die rückwirkende Einfügung des § 6b Abs. 2a EStG durch das Steueränderungsgesetz 2015 (StÄndG 2015) vom 02.11.2015 nichts geändert.

Der EuGH hat mit Urteil Kommission/Deutschland vom 16.04.2015 entschieden, dass § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) verstoße. Zwar dürfe die Bundesrepublik Deutschland die auf den Veräußerungsgewinn entstandene Steuer festsetzen, bevor die im Rahmen seiner Steuerhoheit erzielten Gewinne ins Ausland transferiert würden. Es spiele auch keine Rolle, ob es sich um realisierte oder nicht realisierte Gewinne handle. Die sofortige Erhebung der Steuer sei jedoch unverhältnismäßig, da sie über das hinausgehe, was erforderlich sei, um die Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren. Die festgesetzte Steuer sei auf Antrag des Steuerpflichtigen wahlweise zu stunden.

Der Gesetzgeber hat daraufhin § 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des StÄndG 2015 geschaffen, der gemäß § 52 Abs. 14 EStG i.d.F. des StÄndG 2015 auch auf Veräußerungsgewinne anzuwenden ist, die vor Gesetzesverkündung (06.11.2015) entstanden sind.

Nach § 6b Abs. 2a Satz 1 EStG i.d.F. des StÄndG 2015 kann die festgesetzte Steuer, die auf einen Gewinn i.S. des Abs. 2 entfällt, auf Antrag des Steuerpflichtigen in fünf gleichen Jahresraten entrichtet werden. Voraussetzung ist, dass im Jahr der Veräußerung eines nach Abs. 1 Satz 1 begünstigten Wirtschaftsguts oder in den folgenden vier Jahren ein in Abs. 1 Satz 2 bezeichnetes Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wird, das einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zuzuordnen ist. § 36 Abs. 5 Satz 2 bis 5 EStG ist sinngemäß anzuwenden (§ 6b Abs. 2a Satz 3 EStG i.d.F. des StÄndG 2015).

Der Kläger hat demnach auch nach § 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des StÄndG 2015 weder einen Anspruch darauf, dass er die § 6b-Rücklage gewinnmindernd von den Anschaffungskosten des ihm anteilig zuzurechnenden Grundstücks in Ungarn abziehen kann, noch ermöglicht die Vorschrift die Bildung eines passiven Ausgleichspostens. § 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des StÄndG 2015 vermittelt vielmehr nur einen Anspruch auf zinslose Stundung (§ 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des StÄndG 2015 i.V.m. § 36 Abs. 5 Satz 3 EStG) der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuer. Im Rahmen der Steuerfestsetzung bleibt es jedoch bei der bisherigen Regelung. Das Finanzamt hat daher auch unter Berücksichtigung des § 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des StÄndG 2015 zu Recht die § 6b-Rücklage insoweit (900 €) zum Ende des Rücklagezeitraums gewinnwirksam aufgelöst, als der Kläger begehrt, diese auf das in Ungarn gelegene Grundstück zu übertragen.

Es ist unionsrechtlich weder zu beanstanden, dass § 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des StÄndG 2015 die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Steuer nur stundet, noch bestehen gegen den Stundungszeitraum von fünf Jahren Bedenken.

Der EuGH hat in seinem Urteil Kommission/Deutschland unter Hinweis auf sein Urteil National Grid Indus vom 29.11.2011 ausgeführt, Deutschland habe das Recht, die im Rahmen seiner Steuerhoheit erzielten Gewinne vor deren Transfer ins Ausland zu besteuern; es sei den Steuerpflichtigen jedoch eine Stundungsmöglichkeit einzuräumen. Auch in seinen Urteilen Verder LabTec vom 21.05.2015 und DMC vom 23.01.2014 hat er bekräftigt, es sei verhältnismäßig, wenn ein Mitgliedstaat in Fällen der Entstrickung die Steuer auf die in seinem Hoheitsgebiet entstandenen noch nicht realisierten stillen Reserven festsetzt. Lediglich die sofortige Erhebung sei unverhältnismäßig. Es ist daher -entgegen der Auffassung der Kläger- unionsrechtlich nicht geboten, den Verstoß gegen Art. 49 AEUV im Steuerfestsetzungsverfahren zu beheben.

Auch der Stundungszeitraum von fünf Jahren ist nicht zu beanstanden. Der EuGH hat in seinen Urteilen Verder LabTec und DMC einen fünfjährigen Stundungszeitraum ausdrücklich für verhältnismäßig erachtet. Die Staffelung der Zahlung der vor der tatsächlichen Realisierung der stillen Reserven geschuldeten Steuer in fünf Jahresraten stelle in Anbetracht des mit der Zeit steigenden Risikos der Nichteinbringung eine Maßnahme dar, die für die Erreichung des Ziels, die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren, angemessen und verhältnismäßig sei.

Soweit im Schrifttum vorgebracht wird, im Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG und § 16 Abs. 3a EStG seien vor allem abnutzbare Wirtschaftsgüter mit kurzer Nutzungsdauer betroffen, wohingegen § 6b EStG vor allem Grundstücke und Gebäude erfasse, wird nicht hinreichend beachtet, dass der EuGH die sofortige Steuerfestsetzung ungeachtet der Art des Wirtschaftsguts, in dem sich die stillen Reserven angesammelt haben, im Grundsatz zur Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten für gerechtfertigt hält. Ebenso wenig bemisst er den zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit des Steuerzugriffs erforderlichen Stundungszeitraum nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts, sondern allein danach, dass die Durchsetzung des Steueranspruchs umso gefährdeter erscheint, je mehr Zeit verstreicht. Er wägt demnach nur die mit der sofortigen Entrichtung der Steuerschuld auf nicht realisierte stille Reserven verbundene Härte für den Steuerpflichtigen einerseits mit dem berechtigten Interesse des Mitgliedstaats an der Durchsetzung seines Steueranspruchs andererseits ab, nicht hingegen fordert er, den Stundungszeitraum so zu bemessen, dass er zu einem mit einem Inlandsfall möglichst vergleichbaren Ergebnis führt. Sowohl die Stundung als auch deren Zeitdauer von fünf Jahren entsprechen daher europarechtlichen Vorgaben. Auch Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2016/1164/EU des Rates vom 12.07.2016 (ATAD) mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts sieht in Fällen der Entstrickung nur Teilzahlungen der geschuldeten Steuer über fünf Jahre vor.

Nach § 6b Abs. 2a Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2015 kann allerdings der Stundungsantrag nur “im Wirtschaftsjahr” der Veräußerung der in § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG bezeichneten Wirtschaftsgüter gestellt werden.

Damit soll nach der Gesetzesbegründung eine Gleichbehandlung mit Inlandsfällen hergestellt werden, weil auch bei diesen Fallgestaltungen der Steuerpflichtige bereits im Wirtschaftsjahr der Veräußerung entscheiden müsse, ob er den Veräußerungsgewinn unmittelbar auf ein Ersatzwirtschaftsgut übertragen oder aber (alternativ) eine Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG bilden wolle. Ausreichend sei es aber, wenn der Antrag des Steuerpflichtigen zusammen mit der Steuererklärung für das Veräußerungsjahr gestellt werde.

Auch wenn man dem trotz des eindeutigen Wortlauts folgen wollte, sodass ein Stundungsantrag des Steuerpflichtigen bei Abgabe der Steuererklärung für das Veräußerungsjahr ausreicht, kann diesem Erfordernis jedenfalls dann nicht mehr genügt werden, wenn nach § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG begünstigte Wirtschaftsgüter in einem Wirtschaftsjahr vor Inkrafttreten des StÄndG 2015 veräußert wurden und die Steuererklärung vor dem 6.11.2015 bereits abgegeben war.

In diesen Fällen genügt jedoch ein nachträglich gestellter Stundungsantrag “für” das betreffende Wirtschaftsjahr. Andernfalls liefe die Vorschrift, soweit sie rückwirkend anzuwenden ist (§ 52 Abs. 14 Satz 1 EStG i.d.F. des StÄndG 2015), ins Leere. Der Unionsrechtsverstoß wäre dann nicht behoben und der Anwendung des § 6b EStG stünde nach wie vor vorrangiges Unionsrecht entgegen. Der Steuerpflichtige ist daher auf Antrag so zu stellen, als habe er rechtzeitig Stundung begehrt.

Ist der Veräußerungsgewinn -wie im Streitfall- ganz oder teilweise vor Verkündung des StÄndG 2015 einer Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG zugeführt worden, ist hiernach auf Antrag die auf den Auflösungsbetrag entfallende Steuer (ohne Zinszuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG) in fünf gleichen Jahresbeträgen zu stunden. Denn erstmals mit der Auflösung der Rücklage wird auf den Veräußerungsgewinn des nach § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG begünstigten Wirtschaftsguts eine Steuer festgesetzt, die gestundet werden kann. Als Wirtschaftsjahr der Veräußerung gilt für diese bereits vor Verkündung des StÄndG 2015 verwirklichten Sachverhalte daher das Jahr der Auflösung der Rücklage. War die streitige Steuer aus der Auflösung der Rücklage von der Vollziehung ausgesetzt, bedeutet dies, dass die Erhebung von Aussetzungszinsen für die Zeit vor Verkündung des StÄndG 2015 nur insoweit möglich ist, als der Steuerbetrag zu den einzelnen Stichtagen (§ 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des StÄndG 2015 i.V.m. § 36 Abs. 5 Satz 2 EStG) fällig war. Denn hätte der Steuerpflichtige rechtzeitig Stundung nach Maßgabe des § 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des StÄndG 2015 beantragt, hätten auch nur die zu den einzelnen Stichtagen fälligen Steuerbeträge von der Vollziehung ausgesetzt werden müssen. Wurde die streitige Steuer mit der Steuerfestsetzung im Jahr der Auflösung der Rücklage entrichtet, ist die zu den einzelnen Stichtagen jeweils zu viel entrichtete Steuer entsprechend § 233a AO zu verzinsen, wobei der Zinslauf mit der erstmaligen Steuerfestsetzung beginnt. Bei einem Stundungsantrag im Veräußerungsjahr -hier im Jahr der Auflösung der Rücklage- hätte der Steuerpflichtige nur die fällige Steuer entrichten müssen und den überzahlten Betrag zinsbringend anlegen können. Auf diese Weise werden in beiden Varianten Ergebnisse erzielt, die einer Stundung der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuer in fünf gleichen Jahresraten wirtschaftlich am ehesten entsprechen.

Die Rügen der Kläger, § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG sei auch nach Einfügung des § 6b Abs. 2a EStG unionsrechtswidrig, weil eine vergleichbare Regelung für die Gewerbesteuer fehle und § 6b Abs. 2a EStG auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 6b Abs. 10 EStG) nicht anwendbar sei, bedürfen im Streitfall schon deshalb keiner Entscheidung, weil der streitige Gewinn aus einer Grundstücksveräußerung herrührt und in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erzielt wurde. Ebenso wenig ist im Streitfall der Vortrag der Kläger entscheidungserheblich, der Inlandsbezug in § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG gelte auch dann, wenn in ausländische Betriebsstätten investiert werde, deren Erträge im Inland steuerpflichtig seien; § 6b Abs. 2a EStG sei in diesen Fällen nicht anwendbar. Ungeachtet dessen, ob dem zu folgen ist, unterliegen die Erträge aus der Betriebsstätte in Ungarn -was zwischen den Beteiligten unstreitig ist- nicht der inländischen Besteuerung. Auch der Einwand der Kläger, es sei unionsrechtswidrig, dass während des Reinvestitionszeitraums nicht zwischen Stundung und Bildung einer Rücklage gewechselt werden könne, ist für den Streitfall nicht bedeutsam, weil der Kläger, obwohl er den streitigen Veräußerungsgewinn zunächst einer Rücklage zuführte, gleichwohl eine Stundung des Veräußerungsgewinns verlangen kann.

Soweit die Kläger geltend machen, § 6b Abs. 2a EStG gelte für alle Veräußerungen i.S. des § 6b Abs. 1 EStG unabhängig davon, ob eine Auslandsinvestition tatsächlich erfolge, so dass der Unionsrechtsverstoß nicht behoben sei, folgt dem der Bundesfinanzhof nicht. § 6b Abs. 2a EStG knüpft die Stundung daran, dass innerhalb des Reinvestitionszeitraums tatsächlich ein nach § 6b Abs. 1 EStG begünstigtes Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wird, das einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR zuzuordnen ist. Selbst wenn eine unterbliebene Investition in eine ausländische Betriebsstätte sanktionslos bliebe, ist nicht erkennbar, weshalb die Vorschrift trotz einer fünfjährigen Stundung der festgesetzten Steuer weiterhin unverhältnismäßig sein und damit gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) verstoßen soll. Gleiches gilt für den Vortrag der Kläger, die Bildung einer Rücklage nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG und deren zinspflichtige (§ 6b Abs. 7 EStG) Auflösung führten zu günstigeren Ergebnissen als die Inanspruchnahme des § 6b Abs. 2a EStG. Selbst wenn dies zuträfe, änderte dies nichts daran, dass der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 6b Abs. 2a EStG den Vorgaben des EuGH, den Steuerpflichtigen eine Stundungsmöglichkeit von fünf Jahren für die festgesetzte Steuer einzuräumen, genügt hat.

Da § 6b EStG in seiner gegenwärtigen Fassung, soweit für den Streitfall bedeutsam, unionsrechtlichen Anforderungen auch für bereits abgeschlossene Fälle genügt, ist er anzuwenden. Der Rücklagebetrag von 900 € ist daher vom Finanzamt zu Recht aufgelöst worden.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. Juni 2017 – VI R 84/14

Treu und Glauben – bei rechtsfehlerhafter Übertragung einer § 6c-Rücklage

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Besteht mangels Unternehmereigenschaft keine Steuerpflicht für Veräußerungsgewinne, kann auch der Grundsatz von Treu und Glauben keine derartige Steuerpflicht begründen.

Der Steuerpflichtige hat auch im Fall der Verpachtung seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 EStG i.V.m. § 14 EStG behandeln und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs unter Auflösung der stillen Reserven in sein Privatvermögen überführen oder das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen will. Dieses Recht des Steuerpflichtigen findet seine Rechtfertigung darin, dass die Einstellung der eigenen betrieblichen Tätigkeit im Fall der Verpachtung nicht endgültig sein muss, solange die Möglichkeit der Wiederaufnahme durch die Beendigung des Pachtverhältnisses besteht. Damit soll zugunsten des Steuerpflichtigen vermieden werden, dass bei der Betriebsverpachtung im Ganzen zwangsläufig durch die Annahme einer Betriebsaufgabe steuerpflichtige stille Reserven aufgelöst werden, ohne dass dem Steuerpflichtigen -wie z.B. bei einer Betriebsveräußerung- Mittel zufließen, mit denen er die auf den Aufgabegewinn entfallende Einkommensteuer bezahlen könnte.

Dieses Wahlrecht steht jedoch nur dem bisherigen Unternehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zu, nicht hingegen dem Erwerber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, der den Betrieb zu keinem Zeitpunkt selbst bewirtschaftet, sondern in unmittelbarem Anschluss an den entgeltlichen Erwerb verpachtet. Ein solcher Erwerber hat keine Land- und Forstwirtschaft betrieben, die er bei Verpachtung entweder aufgeben oder deren Betriebsvermögen er als aussetzender Betrieb ohne Auflösung der stillen Reserven fortführen könnte. Er besitzt grundsätzlich überhaupt kein Betriebsvermögen mit im Lauf der Jahre angewachsenen stillen Reserven, deren Auflösung er vermeiden könnte. Vielmehr erwirbt er käuflich nur Vermögen, das er weiter verpachtet, ohne mit diesem Vermögen durch eigene betriebliche Tätigkeit als Land- und Forstwirt Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt zu haben bzw. erzielen zu wollen. Der Erwerber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, der nur das Eigentum erwirbt, aber zu keinem Zeitpunkt als Land- und Forstwirt tätig wird, bezieht daher im Fall der sofortigen Verpachtung des erworbenen Betriebes nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Hiernach werden Hoferwerber, die vor dem Erwerb keinen gemeinsamen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten hatten, allein durch den Erwerb des landwirtschaftlichen Anwesens nicht land- und forstwirtschaftliche Unternehmer, wenn sie den Hof unmittelbar nach dessen Erwerb gemeinschaftlich an den bisherigen Eigentümer verpachteten und zu keinem Zeitpunkt vorhatten, ihn selbst zu bewirtschaften. Sie überließen daher nur Privatvermögen zur Nutzung und erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG). Die Veräußerung von Grundstücken des Privatvermögens ist jedoch nur nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG einkommensteuerbar. Diese Frist von (im Streitjahr) zwei Jahren war zum Zeitpunkt der Veräußerung der Grundstücke abgelaufen und der Verkauf somit nicht einkommensteuerbar.

Auch der Grundsatz von Treu und Glauben kann in einem solchen Fall keine Steuerpflicht der Veräußerungsgewinne begründen.

Zwar ist der Grundsatz von Treu und Glauben, wonach jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht zu nehmen hat und sich zu seinem früheren Verhalten nicht in Widerspruch setzen darf, auch im Steuerrecht anzuwenden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH bringt jedoch der Grundsatz von Treu und Glauben keine Steueransprüche zum Entstehen oder zum Erlöschen, sondern kann allenfalls verhindern, dass eine Forderung oder ein Recht geltend gemacht werden kann. Ein treuwidriges Verhalten kann daher nicht dazu führen, Steuerrechtsfolgen zu begründen oder zu verneinen, die materiell-rechtlich nicht bestehen.

Die unrechtmäßige Übertragung der Rücklage nach § 6c EStG im Wirtschaftsjahr 1979/1980 auf die Anschaffungskosten der Grundstücke des Anwesens kann daher nach Treu und Glauben nicht zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Steuerpflicht der streitgegenständlichen Veräußerungsgewinne führen. Die Frage kann daher offenbleiben, ob sich ein Beteiligter -Finanzamt oder Steuerpflichtiger- überhaupt treuwidrig verhält, wenn er sich die Rechtsauffassung eines BFH, Urteils zu eigen macht, dem eine andere Rechtsauffassung zugrunde liegt als diejenige, die beide Beteiligten im Rahmen des ursprünglichen, bestandskräftig abgeschlossenen Steuerfestsetzungsverfahrens vertreten haben.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15.03.1990 steht diesem Ergebnis schon deshalb nicht entgegen, weil der Kläger in jenem Fall unstreitig einen Gewinn aus der Auflösung einer Rücklage nach § 6c EStG erzielt hatte und die Beteiligten nur darüber stritten, in welchem Wirtschaftsjahr der Gewinn zu erfassen war. Der BFH führte aus, ein Steuerpflichtiger verhalte sich treuwidrig, wenn er zunächst die Auffassung vertrete, die mangels Reinvestition anzusetzende fiktive Betriebseinnahme nach § 6c Abs. 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 6b Abs. 3 Satz 5 EStG in der damals gültigen Fassung sei erst nach Ablauf des vierten Wirtschaftsjahres nach der Veräußerung zu erfassen, später dann aber den Zuschlag als Betriebseinnahme mit der Begründung anfechte, dieser hätte nach der (damaligen) gesetzlichen Regelung bereits zum Ende des zweiten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres berücksichtigt werden müssen. Ungeachtet der Frage, ob dieses widersprüchliche Verhalten nicht mittels § 174 Abs. 4 AO hätte aufgelöst werden können, liegt dem BFH, Urteil in BFHE 160, 317, BStBl II 1990, 689 jedenfalls nicht die Meinung zugrunde, Treu und Glaube könnten materiell-rechtlich nicht bestehende Steueransprüche begründen. Das Urteil verhält sich vielmehr allein dazu, ob widersprüchliches Verhalten eines Beteiligten dazu führen kann, dass ein unstreitig entstandener Gewinn in einem anderen Wirtschaftsjahr erfasst werden darf als gesetzlich vorgesehen. Auch nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17.06.1992 kann der Grundsatz von Treu und Glauben nur dazu führen, dass ein Beteiligter einen Anspruch nicht mehr durchsetzen kann.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 29. März 2017 – VI R 82/14

Reinvestitionsrücklage – und ihre Auflösung

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Eine nach § 6b Abs. 3 EStG gebildete Rücklage kann in jedem Wirtschaftsjahr des Reinvestitionszeitraums freiwillig aufgelöst werden bzw. ist bei entsprechendem Fristablauf nach § 6b Abs. 3 Satz 5 EStG aufzulösen.

Es ist offensichtlich, dass diese Möglichkeit bzw. Verpflichtung grundsätzlich nicht davon abhängt, ob der Steuerpflichtige sich in erster Linie die Übertragung der Rücklage auf ein Reinvestitionsgut in einem anderen Betrieb gewünscht hätte.

Es ist ebenso offensichtlich, dass die Ausübung dieser Möglichkeit an eine den Anforderungen an steuerliche Wahlrechte entsprechende Erklärung des Steuerpflichtigen geknüpft ist.

Es ist schließlich auch offensichtlich, dass die Auflösung der Rücklage in Verbindung mit einer Übertragung auf ein Ersatzwirtschaftsgut und die anlasslose freiwillige Auflösung unter Inkaufnahme des Gewinnzuschlags inhaltlich unterschiedliche Erklärungen sind.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10. Juli 2017 – X B 38/17

Ansparabschreibung – für ein Luxusauto

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Die Bildung einer den Gewinn mindernden Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. ist ausgeschlossen, soweit die geplanten Aufwendungen (hier: Anschaffung mehrerer PKW aus dem höchsten Preissegment) als unangemessen i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG anzusehen sind.

Die Unternehmerin kann in diesem Fall für die geplante Anschaffung der Limousine und des Sportwagens im Streitjahr 2006 wegen des Abzugsverbots gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG keine Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. bilden.

Gemäß § 7g Abs. 3 bis 7 EStG a.F. können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Rücklage darf 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres anschaffen oder herstellen wird (§ 7g Abs. 3 Satz 2 EStG a.F.). Ermittelt der Steuerpflichtige -wie im Streitfall- den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, so sind gemäß § 7g Abs. 6 EStG a.F. die Abs. 3 bis 5 mit Ausnahme von Abs. 3 Nr. 1 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre spätere Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist.

Eine Rücklage gemäß § 7 Abs. 3 EStG a.F. kann jedoch nicht gebildet werden, wenn hierdurch unangemessene Aufwendungen gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG steuermindernd berücksichtigt würden.

Betriebsausgaben bzw. Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, dürfen gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG den Gewinn nicht mindern, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind.

Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Der Begriff der “Aufwendungen” wird im EStG als Oberbegriff für “Ausgaben” und “Aufwand” verwendet und ist nach der auch vom Bundesfinanzhof geteilten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und der im Schrifttum überwiegenden Auffassung im Sinne aller Wertabflüsse zu verstehen, die nicht Entnahmen sind. Aufwendungen können daher daraus entstehen, dass beim Steuerpflichtigen Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen, oder Werte (z.B. AfA) abfließen. Unter den Begriff des Aufwands fallen ferner die Teilwertabschreibung sowie Rechnungsabgrenzungsposten und Rückstellungen für bereits entstandene Verbindlichkeiten.

Dass der Begriff der Aufwendungen nicht nur die tatsächlichen Ausgaben, sondern darüber hinaus auch den betrieblichen Aufwand umfasst, folgt bei systematischer Betrachtung aus dem Katalog der nichtabziehbaren Betriebsausgaben des § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG. Nach dem Wortlaut handelt es sich bei den aufgezählten Aufwendungen um Betriebsausgaben. Diese Aufwendungen betreffen jedoch nicht nur Ausgaben als tatsächliche Abflüsse in Geld oder Geldeswert, sondern auch betrieblichen Aufwand, beispielsweise in Form von AfA bei Gästehäusern, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG. In Einklang damit hat der BFH bereits entschieden, dass eine Rückstellung in der Steuerbilanz nicht gebildet werden darf, wenn ein steuerliches Abzugsverbot (in diesem Fall gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG für Geldbußen) besteht.

Aufwendungen i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG umfassen dementsprechend auch die AfA gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG. Dies gilt insbesondere auch für unangemessene Kraftfahrzeugaufwendungen. Da aber § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG grundsätzlich den Abzug von AfA gemäß § 7 EStG einschränkt, muss das Abzugsverbot auch beim Ansatz der erhöhten Absetzungen bzw. Sonder-AfA beachtet werden.

Die durch die Bildung einer Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. eintretende Gewinnminderung fällt ebenfalls in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG.

Dass eine Ansparabschreibung eine Aufwendung i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG sein kann, zeigt bereits ihre Entstehungsgeschichte. In der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt vom 05.03.1993 wird ausgeführt, § 7g Abs. 3 EStG a.F. ermögliche zur Finanzierung künftiger Investitionen die Bildung einer Rücklage im Vorgriff auf spätere Abschreibungsmöglichkeiten. Es habe sich gezeigt, dass bei kleinen und mittleren Unternehmen bereits in der Zeit vor Beendigung der Investition ein Bedürfnis für eine Steuerstundung bestehe. Mit Hilfe einer solchen Steuerstundung könnten eigene Mittel angespart werden, um dem Unternehmen die Finanzierung der Investition zu erleichtern. Die Wirkung der Investitionsrücklage, die vom Gesetzgeber im Gesetzeswortlaut durch Klammerzusatz untechnisch als Ansparabschreibung bezeichnet wird, liegt mithin in der Vorverlagerung des Abschreibungspotentials. Der Ansatz einer Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. führt damit zu sofort steuerminderndem Aufwand und fällt folglich unter den Begriff der Betriebsausgaben i.S. des § 4 Abs. 4, 5 Satz 1 Nr. 7 EStG. Ermittelt der Steuerpflichtige wie im Streitfall den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, so ist die Bildung der Rücklage bereits nach dem Wortlaut des § 7g Abs. 6 EStG a.F. eindeutig als Betriebsausgabe zu behandeln.

Dass die Bildung einer Rücklage für die beabsichtigte Anschaffung eines Wirtschaftsguts nicht möglich ist, soweit sie zu unangemessenen Aufwendungen gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG führt, steht zudem im Einklang mit dem Sinn und Zweck beider streitentscheidenden Vorschriften.

Bei § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG handelt es sich um eine Art Generalklausel, die als Auffangtatbestand alle die Privatsphäre berührenden Aufwendungen erfasst. Diese Norm will letztlich verhindern, dass unangemessener betrieblicher Repräsentationsaufwand bei der Einkommensteuer berücksichtigt wird. Der Steuerpflichtige soll nicht in der Lage sein, einen Teil dieses Aufwands durch eine Ermäßigung seiner Steuer auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Diesen Zweck gilt es auch bei der Begünstigung des § 7g Abs. 3 EStG a.F. zu beachten.

§ 7g Abs. 3 EStG a.F. soll der Gesetzesbegründung zufolge zwar kleinen und mittleren Unternehmen im Wege einer Steuerstundung die Finanzierung von Investitionen erleichtern. Die Norm bezweckt jedoch nicht die Förderung unangemessener Repräsentationsaufwendungen, die grundsätzlich nicht abzugsfähig sind. Es bedarf keiner Erleichterung für die Finanzierung derartiger Aufwendungen. Der besondere Zweck der Ansparabschreibung kann nicht als Begründung dazu dienen, dass unangemessene, die private Sphäre des Steuerpflichtigen berührende Aufwendungen entgegen der Wertung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG steuerlich anzuerkennen wären.

Die gegen dieses Ergebnis vorgebrachten Einwände überzeugen nicht.

Soweit die Auffassung vertreten wird, für die Bildung der Ansparrücklage seien tatbestandsmäßig allein die voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten maßgeblich, nicht jedoch die spätere (Sonder-)AfA im Jahr der Anschaffung oder Herstellung des entsprechenden Wirtschaftsguts, wird verkannt, dass § 7g Abs. 3 EStG a.F. eine noch über das Maß einer Sonderabschreibung hinausgehende Vorverlagerung fiktiver AfA-Beträge zur Finanzierungserleichterung einer späteren Investition bewirkt und sich bereits im Zeitpunkt der Rücklagenbildung gewinnmindernd auswirkt. Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG muss deshalb konsequenterweise auch beim Ansatz der Rücklage gemäß § 7g Abs. 3 EStG a.F. beachtet werden. Eine unterschiedliche Behandlung von AfA bzw. Sonder-AfA und gewinnmindernder vorweggenommener AfA ist insoweit nicht gerechtfertigt.

Die Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. ist zudem keine Spezialregelung, die den allgemeinen Grundsatz des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG verdrängen würde. Eine speziellere Norm zeichnet sich gegenüber der allgemeineren Norm dadurch aus, dass sie alle Tatbestandsmerkmale der allgemeinen Norm und dazu noch mindestens ein weiteres Merkmal enthält. Dies trifft bei § 7g Abs. 3 EStG a.F. im Verhältnis zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG eindeutig nicht zu, da die Normen unterschiedliche Regelungsinhalte haben.

§ 7g EStG a.F. zählt zudem -wie seine systematische Stellung in Abschn. – II Nr. 3 EStG belegt- zu den Gewinnermittlungsvorschriften der §§ 4 bis 7i EStG. Neben dem speziellen Förderzweck der Subventionsnorm des § 7g Abs. 3 EStG a.F. sind deshalb bei dessen Auslegung die allgemeinen der Besteuerung des Gewinns zugrunde liegenden Prinzipien und Wertungszusammenhänge zu beachten. Damit unterliegen auch die durch die Bildung einer Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. bewirkten Aufwendungen den in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG normierten Einschränkungen.

Dass § 7g Abs. 5 EStG a.F. zur Vermeidung von Mitnahmeeffekten einen Gewinnzuschlag in Höhe von 6 % des aufgelösten Rücklagenbetrags vorsieht, vermag eine Anwendung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG, der bereits bei der Bildung der Rücklage nach § 7g Abs. 3, 6 EStG a.F. zu beachten ist, nicht auszuschließen. Die Vorschrift des § 7g Abs. 5 EStG a.F. verhindert zudem nicht in allen Fällen eine zweckwidrige Inanspruchnahme einer Ansparabschreibung. Da bei fehlender Durchführung der Investition nach § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. die Rücklage erst zum Ende der Investitionsfrist gewinnwirksam aufzulösen ist und auf diese Weise eine endgültige Gewinnverschiebung bewirkt wird, kann diese trotz des Gewinnzuschlags nach § 7g Abs. 5 EStG a.F. steuermodellierend genutzt werden. Darüber hinaus erfolgt bei Existenzgründern keine Verzinsung, § 7g Abs. 7 EStG a.F. Ferner könnte ein Gewinnzuschlag nur dann erhoben werden, wenn es nicht zu der geplanten Investition käme.

Unerheblich ist schließlich, dass eine Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. ohne Rücksicht darauf gebildet werden kann, ob der Steuerpflichtige im Investitionsjahr die Voraussetzungen für eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 und 2 EStG a.F. erfüllt. Dieser Gesichtspunkt ändert nicht die maßgebliche Erwägung, dass für eine vorgelagerte AfA kein Raum bestehen kann, wenn dem Abzug der Regel-AfA § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG entgegensteht.

Der Bundesfinanzhof weicht dabei nicht von den Grundsätzen seines Urteils in BFHE 214, 557, BStBl II 2006, 910 zum Umfang einer Ansparrücklage für Tiere des Anlagevermögens ab. Danach ist gemäß § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG a.F. ohne weitere Einschränkung der Betrag der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Anlageguts Bemessungsgrundlage für die Rücklage. Soweit der Bundesfinanzhof dabei ausführt, dass für Tiere des Anlagevermögens die Ansparrücklage ohne Ansatz eines Schlachtwerts gebildet werden kann, bezieht sich dies auf Aufwendungen, von denen feststeht, dass sie sich irgendwann -in Bezug auf den Schlachtwert zwar noch nicht während des AfA-Zeitraums, spätestens aber beim Ausscheiden des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen- gewinnmindernd auswirken werden. Demgegenüber geht es im Streitfall um Aufwendungen, von denen -gerade umgekehrt- feststeht, dass sie sich aufgrund des dauerhaft geltenden Abzugsverbots des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG niemals gewinnmindernd auswirken können.

Das Finanzgericht hat zutreffend entschieden, dass hinsichtlich der voraussichtlichen Anschaffung eines Sportwagens und einer Limousine der jeweils höchsten Preisklasse die Bildung einer Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. aufgrund des Abzugsverbots des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG vollumfänglich ausgeschlossen ist.

Aufwendungen berühren nach der BFH-Rechtsprechung die Lebensführung i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG, wenn sie durch die persönlichen Motive des Steuerpflichtigen mitveranlasst sind, ohne dass deshalb die betriebliche Veranlassung zu verneinen ist und ohne dass es einer teilweisen privaten Nutzung des betreffenden Wirtschaftsguts bedarf. Dies gilt auch für die Beschaffung ausschließlich betrieblich genutzter PKW. Denn auch insoweit kann das Ziel der Vorschrift betroffen sein, unangemessenen betrieblichen Repräsentationsaufwand nicht gewinnmindernd bei der Festsetzung der Einkommensteuer zu berücksichtigen.

Ob ein solcher unangemessener betrieblicher Repräsentationsaufwand im Sinne der Vorschrift vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des BFH danach zu beurteilen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer -ungeachtet seiner Freiheit, den Umfang seiner Erwerbsaufwendungen selbst bestimmen zu dürfen- angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen haben würde. Danach sind bei der Angemessenheitsprüfung alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Neben der Größe des Unternehmens sowie der Höhe des längerfristigen Umsatzes und des Gewinns sind vor allem die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg nach der Art der ausgeübten Tätigkeit und seine Üblichkeit in vergleichbaren Betrieben als Beurteilungskriterien heranzuziehen. Schließlich ist auch zu beachten, wie weit die private Lebenssphäre des Steuerpflichtigen berührt wird. Aufwendungen können umso weniger als unangemessen i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG qualifiziert werden, je stärker die Berührung mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen hinter der betrieblichen Veranlassung zurücktritt.

Danach ist die Anschaffung eines teuren und schnellen PKW nicht stets unangemessen i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG, wenn die Benutzung eines repräsentativen Fahrzeugs für den Geschäftserfolg keine Bedeutung hat. Vielmehr ist die Bedeutung des Repräsentationsaufwands nur eine von mehreren Tatsachen, die im Einzelfall zu würdigen und gegeneinander abzuwägen sind.

Auf dieser Grundlage ist für den Bundesfinanzhof im hier entschiedenen Streitfall die Würdigung des Finanzgericht, nach den Maßstäben des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG sei die Unangemessenheit bei der Anschaffung dreier Fahrzeuge, davon zwei aus dem höchsten Preissegment, teilweise zu bejahen, mit den dargestellten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung vereinbar. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Unternehmerin in ihrem Betrieb keine Mitarbeiter beschäftigt hat, ist nicht ersichtlich, weshalb neben dem PKW SUV zwei weitere Fahrzeuge im Wert von 400.000 EUR bzw. 450.000 EUR für den Betrieb angemessen sein sollten. In den Jahren des Bestehens des Betriebs der Unternehmerin von 2004 bis 2012 sind tatsächlich keine Repräsentationsaufwendungen angefallen. Es kann folglich nicht davon ausgegangen werden, dass Repräsentationsaufwendungen für den Geschäftserfolg besonders bedeutsam waren. Darüber hinaus hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer bei Einnahmen im Streitjahr von 105.851,33 EUR (neben der Auflösung einer früheren Ansparabschreibung) nicht die Anschaffung dreier PKW zum Preis von fast einer Million EUR geplant. Anders als die Unternehmer meinen, können die Anschaffungskosten nicht ausgeblendet werden, da sie unabhängig von der Art der Finanzierung aus dem Geschäftsergebnis aufgebracht werden müssen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 10. Oktober 2017 – X R 33/16

Rücklagen bei Regiebetrieben – und die Kapitalertragsteuer

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Gemeinden dürfen bei ihren Regiebetrieben Rücklagen bilden, die bis zu ihrer Auflösung die Kapitalertragsteuer mindern. Damit wendet sich der Bundesfinanzhofs gegen die Auffassung der Finanzverwaltung, die dies von weiteren Voraussetzungen abhängig macht. Das Urteil ist für die öffentliche Hand im Rahmen des Wettbewerbs ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten mit privatwirtschaftlichen Unternehmen von

Regiebetriebe – und die Auflösung alter Gewinnrücklagen

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Bei einem Betrieb gewerblicher Art in der Form des Regiebetriebs führen in 2001 erzielte Gewinne nicht zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG, die der Kapitalertragsteuer unterliegen . Werden solche Gewinne in Rücklagen eingestellt, führt deren spätere Auflösung zu

Der Regiebetrieb einer Verbandskörperschaft – und die Rücklagenbildung

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Die Bildung einer Rücklage i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG ist bei Regiebetrieben einer Verbandskörperschaft unter den gleichen Voraussetzungen wie bei Regiebetrieben einer kommunalen Gebietskörperschaft zulässig. Mangels gesetzlicher Beschränkungen reicht für deren steuerliche Anerkennung jedes „Stehenlassen“ der handelsrechtlichen Gewinne als Eigenkapital aus, sofern anhand objektiver

Rücklagen im Regiebetrieb einer kommunalen Gebietskörperschaft

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Die Bildung einer Rücklage i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG ist auch im Fall des Regiebetriebs einer kommunalen Gebietskörperschaft zulässig. Mangels gesetzlicher Beschränkungen reicht für deren steuerliche Anerkennung jedes „Stehenlassen“ der handelsrechtlichen Gewinne als Eigenkapital aus, sofern anhand objektiver Umstände nachvollzogen und überprüft werden kann,

Ausschüttung aus einer Kapitalrücklage – und die fehlende Steuerbescheinigung

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Die zum Zeitpunkt des Erlasses eines Feststellungsbescheids über das steuerliche Einlagekonto fehlende Steuerbescheinigung über die Ausschüttung aus einer Kapitalrücklage führt nach § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG zu einer Verwendungsfestschreibung auf 0 €; die Norm ist keiner einschränkenden Auslegung zugänglich. Gegen diese vom Gesetzgeber gewählte Ausgestaltung des § 27

Organschaft – und der Verlustausgleich aus vororganschaftlichen Rücklagen

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Sieht ein Gewinnabführungsvertrag mit einer GmbH als Organgesellschaft die Möglichkeit des Verlustausgleichs durch Auflösung vororganschaftlicher Rücklagen vor, verstößt dies gegen § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG i.V.m. § 302 Abs. 1 AktG. in dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall war die Muttergesellschaft, eine GmbH, seit Juni 2016




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